Das marokkanische Tagebuch, Oktober 2007
Der letzte Tag beginnt mit der Rückfahrt nach Casablanca. Auf dem Bahnhof angekommen entdecken wir in dem noch auf einem Nebengleis abgestellten Park für unseren Schnellzug einen Eurofima-Wagen, der einst als Prototyp nach Marokko geliefert wurde aber keine Nachfolgeaufträge auslöste. Unseren Entschluss „Sch... auf die Platzreservierung, wir fahren in dem!“ können wir dann aber leider doch nicht umsetzen, denn bei der Bereitstellung des Zuges bleibt der Einzelgänger auf dem Abstellgleis zurück. So beziehen wir unsere reservierten Plätze und haben im Gegensatz zum Vortag nun das Abteil für uns. Nur kurz nimmt ein altes Ehepaar bei uns Platz, verzieht sich aber recht schnell wieder!? In Casablanca angekommen sind es wieder nur wenige Schritte zum benachbarten Ibis und nach dem Abstellen des Gepäcks im Zimmer startet der letzte Programmpunkt: AW-Besichtigung in Casablanca wegen der dort schon aus dem Zug gesichteten abgestellten E-1000 aus polnischer Produktion. Dank Digitalkamera „bewaffnen“ wir uns im Hotelfoyer noch mit den benötigten Ausschnitten des Stadtplans und machen uns zu Fuß auf den Weg. Auf dem Bahnhofsvorplatz wimmelt es gleich wieder von „Fremdenführern“ und anderen Touri-Abzockern („You go this hotel? Bad and dirty! I know better!”), die wir aber mit Missachtung strafen. Unser Weg führt uns entlang der Bahnanlagen vorbei an einer Molkerei sowie unzähligen Imbissbuden mit Holzkohlegrill, alles in unmittelbarer Nähe von LKW-Wracks, auslaufendem Öl etc., ein Szenario, in dem man sich einen Mitarbeiter der deutschen Gewerbeaufsicht gar nicht erst vorstellen will. An der AW-Pforte angekommen erhalten wir auch Einlass und werden zunächst einmal in einem großen Konferenzraum zwecks Warten platziert. Interieur – und auch die ausgehängte Inventarliste – scheinen schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel zu haben und ein Vergleich von Soll und Ist ergibt, dass nur bei den an der Wand hängenden Portraits von König, Ex-König und Kronprinz keine Differenz besteht, ansonsten gilt auch hier „Etwas Schwund ist immer“. Immerhin werden wir nach dieser kurzen Inspektion der Einrichtung recht bald zum Chef eingelassen, dem wir unsere Begehr nach den E-1000 vortragen. Nach einigem Hin und Her erteilt er uns die gewünschte Fotogenehmigung. Während des Gesprächs drückt er mindestens ein halbes Dutzend mal auf den Klingelknopf an der Wand und stets erscheint sofort mit Verbeugung ein buckliger, alter Mann, um neue Orders entgegenzunehmen. Die letzte betrifft das Heranrufen eines Aufpassers und dann dürfen wir losziehen. Vor der Halle stehen rund zehn E-1000 und nur die dürfen wir laut unserem Begleiter fotografieren, die daneben stehenden AW-frischen E-1300 sind „Off Limits“, verstehe das wer wolle.
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Für die abgestellten polnischen E-1000 ist das AW Casablanca Sammellager. E-1016 führt die linke Reihe an, E-1006 die mittlere und E-1022 steht rechts. |
Immerhin führt er uns aber auch noch hinter die Halle wo die ganz alten Schätzchen E-501, E-904, E-704 und DA-311 stehen. Nach diesem Programmpunkt fällt dann aber wie in Fez die Klappe und man geleitet uns freundlich aber bestimmt zum Ausgang.
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Noch etwas altes aus Frankreich: E-904, die der französischen Reihe CC6500 entspricht. |
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DA-311 als Vertreterin der ältesten Diesellok-Baureihe mit dem markanten gewaltigen Luftfilter-Einlass vor dem Führerhaus. Mit ihnen hielt der Dieselbetrieb auf den Wüstenlinien rund um Oujda Einzug. |
Da es noch
früh ist machen wir uns auf die Suche nach dem Bw „Roches Noires“, das sich
am Güterbahnhof am Hafen befinden soll, allerdings ist dieser Bahnhof lt.
Stadtplan mehrere Kilometer lang! Nach einigen Irrwegen finden wir dann das Bw
mitten in einer äußerst dubiosen Gegend von Schrottplätzen, improvisierten
LKW-Werkstätten mitten auf der Straße sowie einer gewaltigen Zahl
herumlungernder Halbwüchsiger. Der Pförtner lässt uns bereitwillig ein, vor
dem Büro des Chefs müssen wir dann aber warten während die Sonne recht
schnell untergeht. Wir stehen im Freien vor dem Büro und sehen unsere Motive
dahingehen. Irgendwann ist es dann auch so weit dass wir erkennen „Selbst wenn
wir eine Genehmigung erhalten sollten, können wir nichts mehr damit
anfangen!“ Die Höflichkeit gebietet aber zu warten und schlussendlich werden
wir hereingebeten und erhalten auch postwendend ein striktes „Nein!“. Das
war’s dann also fotomäßig mit dieser Tour. Durch die „Abrippergegend“
machen wir uns auf den Rückweg zum Hotel, ein Polizist, den wir nach dem Weg
fragen schaut uns groß an, der Blick verrät, dass sich nur äußerst selten
Ausländer in dieses Stadtviertel verlaufen – und es am besten auch vor
Einbruch der Dunkelheit wieder verlassen. Wieder im Hotel angekommen werfen wir
von der Feuerleiter noch ein paar Blicke auf den abendlichen Betrieb im Bahnhof
bevor das übliche Abendprogramm beginnt.