Das marokkanische Tagebuch, Oktober 2007
Wie am Vortag vereinbart stehen wir punkt 9:00 Uhr wieder im AW. Von Chef keine Spur – und auch kein Wort -, wir landen wieder bei unserem Freund vom Vortag. Er wolle dann mal mit Rabat telefonieren, wir sollen um 11:00 Uhr noch einmal vorbeischauen. Wir verbringen anschließend 90 Warteminuten auf dem Bahnhof, in denen wir erkennen, wie gering doch der Verkehr ist: Je ein Reisezug pro Richtung und kein Güterverkehr. Das alles in einer Halb-Millionen-Stadt und dafür wird - und das war die aktivste Ecke im Bahnhof - eine Unterführung gebaut! Nach dieser aufregenden Wartezeit machen wir uns zum dritten Mal auf den Weg, um uns letztendlich ein kurzes, knappes „Nein!“ abzuholen. Dann eben nicht, also ohne AW-Bilder weiter gen Osten. An einer Brücke am Stadtrand kommen wir gegen 12:00 Uhr endlich zum ersten Bild des Tages, E-1251 mit dem Zug 111 nach Fez.
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| E-1251 mit Zug 111 am Stadtrand von Meknes. |
In Fez angekommen finden wir dort den Bahnhof und auch das an das Wagen-AW angeschlossene Bw recht schnell und sind dort auch erfolgreicher. Der Chef persönlich macht sich mit uns auf den Weg und so kommen wir zu einigen schönen Portraits der im Bw versammelten Maschinen: E-1202, E-1204, E-1251, DI-504 und DG-202. Als wir uns einer weiteren, unfallbeschädigten DG zuwenden wollen, werden wir freundlich aber bestimmt in eine andere Richtung dirigiert und nach 15 Minuten hat der Chef dann auch keine Lust mehr. Mit einem knappen „finish“ bitte er uns zum Verlassen des Werkes. Auch der Weg raus aus der Stadt nach Osten Richtung Taza ist leicht zu finden. Im dortigen Eiffel-Hotel hat der Portier des Ibis in Meknes schon ein Zimmer für uns vorgebucht und so gondeln wir entspannt los und schauen mal, was sich entlang des Weges noch machen lässt.
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| Noch mal ein neuer Loktyp: Rangierlok DI-504 im Bw Fez. |
Rund 20 Kilometer östlich von Fez entdecken wir im Bahnhof Sidi Harazem DH-355 im Anschluss der Mineralwasserfabrik. Also runter von der Straße und ran an den Bahnhof. Vom Lokführer erfahren wir, dass es in einer runden halben Stunde Richtung Fez zurückgehen soll. Wir postieren uns daher an der ersten der zwei großen Gitterbrücken zwischen Sidi Harazem und Fez und harren der Dinge, die da kommen sollen. Aber wie so oft: Nichts tut sich. Wir warten über eine Stunde als es plötzlich in unserem Rücken dröhnt, und aus Richtung Fez donnert ein Güterzug auf die Brücke. Warum haben wir den nicht früher gehört, denn eigentlich machen die Ami-Maschinen doch ordentlich Rabbatz? Wir hätten nur hundert Meter über den Hügel gehen müssen und hätten ihn dann auf der anderen Brücke erwischt, so gibt’s leider nur einen Nachschuss, Mist! Aber jetzt ist die Strecke frei und unser Wasserzug könnte kommen. Macht er aber nicht. Inzwischen hat der Uhrzeiger die 17:00-Uhr-Marke überschritten und das Licht verdünnisiert sich mehr und mehr, als ich von weit hinten aus Richtung Fez die Tröte einer DH höre. Kommt da wieder was? Wir gehen also zur anderen Brücke und hören inzwischen auch das Motorbrummen. Mit 40 Minuten Verspätung donnert jetzt Zug 207 nach Oujda an uns vorbei, mit dem wir nicht unbedingt gerechnet haben, denn eigentlich soll er im Ramadan ausfallen, zumindest haben wir den Fahrplan im Internet so verstanden. Ein klein wenig Licht ist noch da, und so warten wir auch noch auf unsere Übergabe, die dann auch tatsächlich nach weiteren 10 Minuten im allerletzten Büchsenlicht mit freundlich winkendem Lokführer kommt.
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| Der überraschend aufgetauchte Zug 207 auf der ersten der zwei Brücken bei Sidi Harazem. Auch hier laufen hinter der Lok wieder drei alte Belgier als Verstärkungswagen. |
Inzwischen ist es kurz vor 18:00 Uhr und fast
komplett dunkel. Wir entschließen uns daher, die Buchung in Taza sausen zu
lassen und stattdessen das Ibis am Bahnhof Fez aufzusuchen. Auf dem Parkplatz
werden wir sofort von den örtlichen Touri-Abzockern empfangen: Der Parkplatzwächter
möchte unser Auto waschen und auf den 50 Metern zur Hoteltür wird uns
mindestens dreimal ein „offizieller“ Fremdenführer für den nächsten Tag
angeboten! Und auch im Hotel geht es dann gleich sehr kundenfreundlich weiter. Im
Foyer sitzen nur zwei Security-Typen, das Personal der Rezeption ist beim Essen
(wir sind noch in der ersten Stunde nach Sonnenuntergang) und wir müssen
mit dem Einchecken noch warten. Direkt bezahlen ist dann nach der Wartezeit auch
nicht möglich, wobei wir da eher den Eindruck haben, dass der Diensthabende
einfach keine Lust hat und das lieber auf den Kollegen der morgigen Frühschicht
abwälzen will. Auch die Bitte, unser vorbestelltes Zimmer in Taza um einen Tag
zu verschieben wird nur mit „Das können Sie vom Zimmer aus selber machen!“
quittiert. Irgendwie kommt mir da der Spruch „Bei uns ist der Kunde König und
die Monarchie ist seit 100 Jahren abgeschafft!“ in den Sinn (obwohl das für
Marokko gar nicht stimmt, das ist ja noch Königreich). Immerhin kriegen
wir problemlos ein Zimmer und das ist nach diesem ansonsten relativ erfolglosen
Tag die Hauptsache. Vor dem Essen machen wir noch einen kurzen Abstecher zum
Bahnhof und erfahren dort beim sehr freundlichen Fahrdienstleiter noch die
Fahrzeiten der Güterzüge nach Oujda inkl. der Auskunft, welche morgen verkehren werden. Und wir sehen auch, dass der
Abendzug nach Taza verkehrt, zwar mit rund einer Stunde Verspätung aber er fährt,
obwohl auch der nach unserer Kenntnis im Ramadan ausfallen sollte...