Das marokkanische Tagebuch, Oktober 2007

 

Montag, 8.Oktober

Das Planungsergebnis des Vorabends ergab wieder einmal frühes Aufstehen, denn wir wollten um 08:00 Uhr den Morgengüterzug nach Tanger in Asilah erreichen. So trifft es sich, dass im Ibis schon ab 04:30 Uhr Frühstück serviert wird. Zu dieser frühen Stunde darf sich dann aber der Security-Mitarbeiter als „Allzweckwaffe“ bewähren und neben seinem eigentlichen Job auch noch den des Portiers übernehmen und auch das Frühstücksbuffet bestücken. Wir kommen jedenfalls gestärkt und rechtzeitig in Asilah an, wo sich sofort ein Einheimischer zu uns gesellt, der uns in gebrochenem Englisch örtliche Hotels, Restaurants, Autovermietungen sowie sonstige touristische Attraktionen am Ort und in der Umgebung anpreist. Sein Spruch „Nice city, take photo!“ wird als “der” Spruch die weitere Tour begleiten. Pünktlich um 08:05 Uhr kommt dann – nachdem unser Freund die Aussichtslosigkeit seines Tuns erkannt und uns rechtzeitig wieder verlassen hat – auch der 3200 nach Tanger mit (Tusch) DF-112 und DF-101, also einer sandfarbenen Doppeltraktion. Das kostet Film, zumal der Zug 40 Minuten wegen Kreuzung im Bahnhof steht und sich in seiner Nachbarschaft zwischenzeitlich auch noch mehrere Kamele niederlassen (die wir am Nachmittag noch einmal als Touri-Attraktion am Strand sehen werden!).

 

Asilah, der Bahnhof direkt am Atlantik.

 

Die gute alte Zeit ist aber auch hier vorbei: Die "Wüstenschiffe" haben noch frei, bevor sie am Nachmittag zur Touristenattraktion am Strand werden, dem Strand, dessen Besucher evtl. in dem im Hintergrund zu sehenden Appartementhaus residieren. Und wenn sie nicht das Meeresrauschen weckt, dann werden das in ein paar Minuten die insgesamt 32 Zylinder von DF-112 und DF-101 bei der Anfahrt übernehmen ...

 

Dass der kreuzende Express mit DF-117 wieder ein FRETchen als Zuglok hat bedarf wohl keiner Erwähnung, in den Kasten kommt sie trotzdem. Nachdem wir den Güterzug auch noch einmal in der Ausfahrt verarztet haben, geht es auf der Nebenstraße zurück gen Tanger, mal sehen, was dort der Bahnhof Morora zu bieten hat. Bis dahin kommen wir aber gar nicht, denn in Al Akba Lhamra treffen wir den 3200 wieder, der dort noch rangiert. Nach einigen Fotos von den Rangiermanövern begeben wir uns an den Ortsrand für ein Foto der Ausfahrt, die aber auf sich warten lässt. Inzwischen kommt auch die Fotowolke vom Dienst aber auch diesen Störenfried warten DF-112 und DF-101 noch ab und erst als die Sonne wieder strahlt, donnern sie weiter ihrem Ziel entgegen.

 

Nachschuss auf die beiden DF und ihre Zementwagen (ja, in Marokko erfolgt der Zementtransport mit palettierten Säcken in G-Wagen) in der Ausfahrt aus Al Akba Lhamra.

 

Morora wird jetzt knapp und so fahren wir zurück nach Asilah für die nächste Expresskreuzung, wobei die Zeit zumindest für einen kleinen Besuch des Atlantikstrandes reicht. Kilometerweit nichts als Sand und Wellen (OK, ab und an mal ein kleiner Müllhaufen) aber noch keine Spur von Tourismus, dafür aber ein Strand, der mich an den gerade acht Wochen zurückliegenden Sommerurlaub auf Amrum erinnert. Mal sehen, wann hier die Tourismusindustrie zuschlägt. In Asilah dann bahnmäßig wieder das Übliche, an beiden Express 302 und 303 wieder eine FRET, wobei der 303 nach Süden wieder wie am Vortag mit DF-102 auch noch eine sandfarbene Lok im Schlepp hat. Die folgende Zugpause nutzen wir dann aber für Morora. Über die Autobahnumgehung – total leer! - sind wir recht schnell im Südosten der Stadt und finden auch relativ leicht den Bahnhof, wobei der einen extrem stark benutzten Fußweg kreuzt. Beim Blick auf den Güterbahnhof und die ständigen Fußgängerbewegungen fühlen wir uns irgendwie an eine Ameisenstraße erinnert. Mit DF-101 und DF-114 sind zwei Original-Marokkaner im Rangiereinsatz, unterstützt von DM-602. Nach einiger Zeit kommt allerdings auch einer der Rangierer zu uns und weißt uns auf das Fotografierverbot hin, wir fotografieren aber nur die Medina auf dem Hügel hinter dem Bahnhof. Er schluckt das, aber da wir ohnehin alles im Kasten haben und die Zeit drängt, fahren wir wieder nach Al Akba Lhamra.

 

Ist doch klar, dass es hier nur um die schöne Medina geht und man sich grün und blau ärgert, dass einem pausenlos diese Sch...-Eisenbahn in's Bild fährt ...

Dort versucht sich Stephan aus dem Auto an einem landestypischen Motiv: Kleinkind reitet Esel, aber das Kind springt schreiend vom Esel und läuft zu seinen vor ihm reitenden Eltern!? Ob es den Fotoapparat für eine Waffe gehalten hat oder was auch immer passiert sein mag, wir fahren mal lieber wieder von dannen. An unserem Fotopunkt am Bahnhof haben wir dann doch ein etwas mulmiges Gefühl als die Familie vorbei reitet, aber es passiert nichts. In Ruhe entsteht dann das Bild vom durchfahrenden Express 305 am Haken von FRET-DF-118. Danach raus aus dem Ort und vom Berg herunter ein Querschuss auf den Express 304 in den feuchten Sandfeldern am Ortsrand. Hier ist endlich mal eine sandfarbene Maschine am Zug, gute Tarnung dieser Lack vor dem fast gleichfarbigen Hintergrund. Für die letzten zwei Züge das Tages fahren wir weiter nach Asilah und ergänzen auf dem dortigen Markt erst einmal unsere Vorräte, heute darf ich wieder durch das Gewusel chauffieren. Für den von Tanger kommenden 307 suchen wir uns nördlich des Bahnhofes eine Stelle an der wir hoffen, dass dort die Sonne noch scheinen wird, wenn der Zug kommt. Aber auch an dieser flachen Stelle ist sie schon verschwunden als DF-111 und DF-101 ankommen, typisch: Zwei „richtige“ Loks am Zug aber kein Licht mehr. Pro forma geht es noch einmal an den Bahnhof für die Kreuzung mit Express 306 (DF-115) und dann ab Richtung Tanger ins Hotel. Heute ist es dann auch schon richtig dunkel als wir ankommen und so ist auch für die Polizisten am Kontrollpunkt am Stadtrand, die sonst genau kontrollieren, gerade Essenspause. Die erste Stunde nach Sonnenuntergang gehört im Ramadan dem Abendessen und so haben auch die Gesetzeshüter  Campingtisch und –stühle aufgebaut und machen erst mal Pause, sch...egal, wer in dieser Zeit alles in die Stadt hinein will, mögen sie doch fahren (wobei außer Touris um diese Zeit sowieso niemand unterwegs ist!).

 

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