Das marokkanische Tagebuch, Oktober 2007

 

Samstag, 6.Oktober

Nach dem Frühstück, bei dem das Hotelrestaurant zu 100 Prozent in deutscher Hand war, gehen wir nochmals hinüber zur ONCF-Direktion. Dort wollen wir bei Herrn Boufatma, der Name ist uns aus dem Bericht des LOK-Report bekannt, nach einer Fotogenehmigung fragen. Allerdings hat man sich in Marokko an den europäischen Kalender angeglichen und an Sams- und Sonntagen ist niemand da. Wir mögen am Montag wiederkommen, ein Hinweis, dem wir nicht nachkommen, denn aus verschiedenen Veröffentlichungen wissen wir, dass noch niemand auf Nachfragen bei der Direktion eine Fotogenehmigung erhielt und dennoch sind alle zu ihren Bildern gekommen. Um den Weg nicht ganz vergeblich gemacht zu haben schießen wir noch ein paar Bilder des vor der Direktion stehenden Dampflokdenkmals: Ein Henschel-C-Kuppler von 1942, der vor seiner Museumskarriere in Frankreich im Einsatz war und heute Marokkos einzige Dampflok darstellt!

 

Marokkos einzige Dampflok.

 

Anschließend geht es zurück zum Hotel, von wo wir bei der Autovermietung zwecks früherer Abholung des Mietwagens anrufen. Kein Problem, um 11:00 Uhr können wir das Auto abholen. Wir fragen den Portier wegen eines Taxis zum Flughafen (dort sitzt die Autovermietung) und er bietet uns diese Leistung für 250 Dirham (rd. 23 €) an. Das geht besser denken wir und erinnern uns an den großen Taxistand am Bahnhof, ein typischer Fall von „Denkste“. Denn hier lernen wir eine wichtige Grundlage des marokkanischen Taxiwesens kennen: Am Bahnhof stehen „petit taxi“ und diese dürfen nur innerhalb der Stadtgrenze fahren. Zum Flughafen müssen wir ein „grand taxi“ nehmen, man könne uns zu einem entsprechenden Stand in der Stadt fahren. Das Angebot schlagen wir aus und gehen stattdessen zurück zum Portier. Er besorgt uns ein „grand taxi“ und 10:30 Uhr sind wir am Airport. Das Mietwagenbüro ist leer, also erst einmal warten bis 11:00 Uhr. Allerdings tut sich dann auch nichts und ich rufe bei an der Tür ausgehängten Handynummer an. Der Herr ist recht freundlich, weist mich aber darauf hin, dass er in der Niederlassung in der Stadt sei und wir den Wagen dort abholen können! Also raus aus dem Airport und per „grand taxi“ wieder zurück in die Stadt. Müßig zu erwähnen, dass im Flughafen ein offizieller Aushang den Taxipreis in die Stadt mit 100 Dirham angibt, der Fahrer aber 150 Dirham haben will. In der Stadt nehmen wir dann unseren Mietwagen, Modell Daihatsu Sirion, in Empfang. Stephan packt seinen Rucksack in den Kofferraum, das übrige Gepäck hat dann nur noch auf der Rückbank Platz. Es war so schön geplant, das Auto am Stadtrand zu übernehmen und sich den Stadtverkehr zu sparen, in den wir nun hinein müssen. Es geht aber leichter als befürchtet und um 12:00 Uhr sind wir „frei“ und es geht ab Richtung Osten. Sidi Slimane ist erster Zwischenstopp, dort sollen zwei Expresszüge der elektrifizierten Hauptstrecke auf den Film und ich mache bei der Suche nach einem Fotopunkt erstmals die Erfahrung was es bedeutet, mit dem Auto durch eine marokkanische Marktstraße zu fahren! Wuselei von Fußgängern, Fahrrädern, Mofas, Eseln, Karren verschiedenster Traktion und eine Sichtweite von maximal 30cm über die Stoßstange hinaus! Aber wir finden an einem Bü eine annehmbare Fotostelle und können die Ausbeute um zwei weitere E-1300 erweitern.

 

Frankreich-Import E-1304 mit Expresszug bei Sidi Slimane.

 

Wir verlassen die Hauptstrecke und wenden uns nach Norden an die Verbindung Tanger-Sidi Kacem. Von Mechra ben Ksiri kennen wir aus diversen Publikationen einige Fotomotive und so beschließen wir den Tag dort mit unseren ersten zwei DF-Bildern: DF-112 mit dem nordwärts fahrenden 306 und DF-105 südwärts mit Zug 305 in der Ausfahrt vor dem Hintergrund einer Moschee. Das war schon mal O.K. und nun beginnt die Suche nach dem Nachtquartier. Wir landen in Souk-el-Arba-du Rharb in einem Schuppen, der Stephan spontan an Rumänien vor 15 Jahren erinnert, allerdings gibt es hier Strom und Wasser! Naja, für 90 Dirham pro Person und eine Nacht geht’s, allerdings ziehen wir es vor, uns das Abendessen selber zu organisieren und so gibt es am Abend auf dem Balkon (!) des Hotelzimmers Fladenbrot mit Streichkäse und dazu Cola. Die Suche nach Bier war völlig erfolglos, allerdings bietet uns später der Parkplatzwächter noch einen Whisky an! Er kramt aus der hintersten Schrankecke eine angebrochene 0,2l-Flasche Ballantines hervor. Wir wollen ihn nicht beleidigen und nehmen sie mit, lassen dann aber doch lieber die Finger davon, wer weiß, welche Hinterhofbrennerei da in „Originalflaschen“ abfüllt.

 

DF-105 beschleunigt Zug 305 aus Mechra ben Ksiri heraus, in ihrer Rußwolke verschwindet sogar die Moschee.

 

 

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